«Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschliesst.»
Über diesen und anderen Zitaten von Bertolt Brecht habe ich während den Vorbereitungen für mein Re-make des Bühnenprogramms «Von Brecht bis Blues Vol.2» lange nachgedacht. Vor 30 Jahren begann ich mich für seine Texte zu interessieren, sie als junge Frau zu singen. Heute, im reiferen Alter erst, beginne ich sie mehr und mehr zu verstehen. In ein neues Licht in neuen Zeiten zu setzen. Erstaunt, wie sie fast hundert Jahre später aktueller denn je sind.
Ja, wir sind in neuen Zeiten, wahrlich wir sind in neuen Zeiten. Dieser Krieg, der uns diesmal nicht mit «ist ja eh weit weg und was können wir schon tun» verschont. Diese ganzen Ausmasse an Konsequenzen, Folgen, die jetzt ganz real auf der Matter stehen, in unser Haus der Illusionen übers verschont sein einbrechen. Eins nach dem andern, Schlag auf Schlag, in unerbittlicher Einforderung des Hinschauens. Mit unseren persönlichen Dramen nichts am Hut haben.
Die Demokratie ist weltweit an den Pranger gestellt. Herrliche Zeiten für Autokraten. Wahrlich neue Zeiten. Zu spät, wegzuschauen, zu früh, um alle Konsequenzen dieser brodelnden Ereignisse in Konsens zu stellen.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als anzunehmen, was da auf uns zukommt. Wegsehen, Weglaufen wäre zu feige. Annehmen, ja, wenn es nur nicht so anstrengend wäre. Nicht loslassen, akzeptieren, sich dem stellen, was da kommt.
Bertolt Brecht lernt mich dies; je mehr ich mich mit ihm und der Zeit damals auseinandersetze.